Lange her: Die Entwicklung meiner weiblichen Identität am Elite-Gymnasium DOM Merseburg

Ich gehöre zu einer seltenen Spezies Frau: Ich bin ausgebildet worden, engelhaft zu musizieren, engelhaft zu sprechen, engelhaft zu arbeiten. An meiner Schule arbeitete ich mit ca. 60 anderen jungen Damen im Schulchor und in der Kantorei Merseburg. Eine besondere Gruppe hochqualifizierter Phonetistinnen. So zu nennen, so zu erleben, so zu behandeln. Hochsensitive, superbelastbare, hochintelligente weibliche Menschen, die es als selbstverständlich leben, korrekte Töne, Laute, Konsonanten, Vokale, Melodieverläufe mit dem eigenen Körper zu erzeugen: Vögelchen? Nein. Menschen. Alle sehr hübsch, alle sehr selbstbewusst, alle sehr verführerisch und individuell anzusehen und zu hören. Die Schönheitsdiversität dieser Frauen bildet alle Geschmäcker ab, die ein musikalisch empfindsamer Zuhörer angesprochen wissen wollen könnte. Zwar gab es auch ein paar Herren als Sopran und Alt, doch diese konnten sich im Mädchenstimmenchor nur ein paar Monate oder kleine Jahre halten. Durch die Vielzahl an erarbeiteten, hochkomplexen Konzertteilnahmen entwickelte sich eine besondere Elite in der Musik, die von mir in höchster Qualität abgebildet wird - auch gesangsolistisch. Die weibliche Identität der fürsorglichen und dennoch unnahbaren Engelin, die sich um jedes Problem vorbildlich zu kümmern weiß, repräsentiere ich voll und ganz. Ich habe noch nie einen Mann erlebt, der sich dergleichen zu benehmen weiß, und auch die anderen Mitschülerinnen, die NICHT in der Kantorei mitgearbeitet haben, können dieses planerische und Zukunft sichernde Verhalten einfach nicht leisten. Ich bin sehr stolz auf meine Körperarbeit - auch im Bildungsbereich. Immer bin ich präsent, nie fordere ich etwas, was mir nicht zusteht. Immer blende ich Rangkämpfe aus, bis sie sich in ihrer Offenheit nicht mehr umgehen lassen. Bald suche ich mir wieder einen neuen Chor, den ich ergänzen werde und zu neuen Hochleistungen in der Musik motivieren werde. Ob die neuen Kolleginnen es merken werden? Das ein elitärer neuer Wind durch den Chorklang weht? Ich bin gespannt.